Ausstellung Sektion Bern/Romandie
2. Gruppe Ausstellung Brücken bauen Unterseen
04. Juli 2024 - 11. August 2024
Galerie Kunstsammlung Unterseen
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17. Juli - 28. Juli
Annemarie Flückiger
Bernadette Duchoud
Blandine Masson Durand
Caroline Fuss
Catherine Zumkeller
Christine Jenzer-Montet
Cornelia Egli
Eva Scheuter
Hedwig Hayoz-Häfeli
Heike Röhle
Jacqueline Borner
Judith Mundwiler
Lisa Martignoni
Martina Baldinger
Masha Piatrushyna
Mercédès Pasche-Martin
Nell Arn-Grützner
Ruth Kunz
Tamara L. Thompson
Weina Venetz
Vorwort Ausstellung „Brücken bauen“
Wir begrüssen Sie herzlich in der dreiteiligen Ausstellung «Brücken bauen».
In einer Umbruchzeit wie der aktuellen, in der das Gegenwärtige als unsicher empfunden und Brücken abgerissen werden, ist unsere Solidarität und das Errichten von Verbindungen dringlicher denn je. Dazu leistet qualitatives Kunst- schaffen einen immensen Beitrag und setzt ein Zeichen.
Über 60 Künstlerinnen der SGBK, vorwiegend aus der Sektion Bern/Romandie, zeigen zum Ausstellungsthema «Brücken bauen» in der Galerie Kunstsammlung Unterseen und im denkmalgeschützten Stadthaus aus dem Spätmittelalter ihre faszinierenden Werke.
Die SGBK ist seit 1902 die Schweizerische Gesellschaft Bildender Künstlerinnen und ein Berufsverband. Sowohl für die etablierte als auch für die alternative Kunstszene bietet die SGBK den Künstlerinnen eine Plattform für ihre Anliegen. Wir möchten der Sichtbarkeit ihrer professionellen Arbeiten Rechnung tragen und unterstützend wirken. Die Freiheit, sich mit diversen Herangehensweisen auseinanderzusetzen, steht augenscheinlich im Vordergrund. Zahlreichen Künst- lerinnen ist wichtig, sich keinen männlichen Klischees zu beugen, denn wie die Berner Künstlerin Meret Oppenheim schon in den 70er Jahren zu Bedenken ge- geben hat, gäbe es keine explizit «weibliche Kunst», sondern nur authentisches Kunstschaffen.
In den aktuellen Ausstellungen sind diverse Medien und aus unterschiedlichen Perspektiven vertreten. Es werden kulturelle und interreligiöse Brücken über Epochen und Zeiten geschlagen. Die Beziehung zwischen dem Menschen und der Architektur wird befragt, ebenso wie das Verhältnis zwischen der bildenden Kunst, der Musik und der Literatur. Zahlreiche Formen, Farben, Materialien und Rhythmen leben von Symbolen und geistigen Verweisen auf ein Miteinander. Schliesslich lädt die Ausstellung auch ein in andere Dimensionen zu reisen und sich gleichzeitig ins innere Selbst zu versenken. Die lebendige Auseinandersetzung mit Kunst und Kunstschaffenden soll ebenso zu einer offenen und inklusiven Gesellschaft beitragen.
Wir wünschen Ihnen einen reichen Kunstgenuss mit vielen Entdeckungen.
Ursula Meier und Dominique von Burg, Kuratorinnen
Rundgang in der 2. Ausstellung „Brücken bauen“
Im Eingangsbereich wird das Publikum empfangen von Holzschnitten der Künstlerin Bernadette Duchoud, auf denen Brückenelemente Sichtbares und Unsichtbares verbindet und damit die Ausstellung einläutet. Dazu gesellt sich Ruth Kunz’ Darstellung eines Stacheldrahtknotens. Er erstreckt sich unter einem Regenbogen als Symbol der Verbindung zwischen Himmel und Erde und gleichzeitig als Metapher der Versöhnung.
Gleich nach dem Treppenaufgang treten wir in Dialog mit dem Uovo in oro vor goldenem Hintergrund von Jacqueline Borner. Das Ei verkörpert in vielen Schöpfungsmythen den Ursprung des Lebens. Für die Künstlerin hält dieses Ei Überraschungen bereit und soll auch eine Brücke ins Innere schlagen. Das Ei wird zum Lebenssymbol für den Besuchenden, weil es werdendes Leben umschliesst.
Im 1. Obergeschoss stösst man auf minimalistische Arbeiten von Cornelia Egli. Sie speisen sich von einer Idee hinter einem physischen Objekt, wie auch der Künstler Sol LeWitt geformt hat. Ist im goldenen Ei die Schöpfung aufs Äusserste konzentriert, so steht hier die Reduktion auf das Wesentliche im Mittelpunkt, um sich in eine unmittelbare und direkte Erfahrung des Kunstwerks zu vertiefen. Auf monochromen Leinwänden spannen sich Geflechte aus Punkten, die eine Vorstellung für eine egalitäre Gemeinschaft ermöglichen.
Gegenüber diesen komprimierten Werken scheint man sich in der endlosen Weite einer Wüstenlandschaft von Hedwig Hayoz’ Bildern «Flüchtlinge I und II» zu verlieren. Die Wüste bietet keinen Schutz vor Kälte, Sandstürmen und der vielfach brütenden Sonne. Eine kleine Gruppe von Flüchtlingen sucht ihren Weg in der Hoffnung auf Asyl durch diese unwirtliche Gegend. Nach endlos scheinender Zeit überschreiten sie die Grenzbrücke zu einem friedlichen Land. Gemäss der Künstlerin besteht ihre letzte Hoffnung in Brücken der Menschlichkeit.
Auf der Rückseite der roten Wand hat Mercédès Pasche den tiefgreifenden Sinnspruch «Les mots sont les ponts entre l‘âme et l’humain» mit einer Feder und Tinte auf Holz und aufgeklebtem Japanpapier notiert. Die Künstlerin kommuniziert mit Worten und schlägt eine Brücke von der Vereinzelung im Dunkeln hin zu kollektiven tragenden Verbindungen der Gesellschaft. Pasches Botschaften lassen Freiheiten zu wie das notierte Zitat des französischen Komikers Coluche auf dem zweiten Werk bezeugt: «Das Leben legt Steine auf deinen Weg, du entscheidest, ob du daraus Mauern oder Brücken machst».
Nicht nur Formen, sondern auch Farben können Brücken bauen. Allen vorab die Lichtfarben Rot, Blau und Gelb, aus denen alle anderen Körperfarben gemischt
werden können. Diese drei Primärfarben nutzt Christine Jenzer als «Baumaterial» ihrer komponierten Werke wie in der Konkreten Kunst. Gleichwohl hüpfen ein roter und gelber Ball durch einen engen Gang mit Schachbrettboden und die drei Grundfarben entwickeln in einem anderen Gemälde eine metaphorische Spiralkraft sondergleichen.
Im Gegensatz zu dieser luftig leichten Farbenwelt sprechen die Gerüste- und Architekturzeichnungen von Masha Piatrushyna von unerschütterlicher Beständigkeit. Ihre Brücken bestehen zunächst im «Lehrgerüst», das sie als Hilfsmittel der Ingenieurkunst entlehnt hat. Ihre Ölbilder vermitteln einen Blick durch das verwirrende Konstruktionsgefüge der Lehrgerüste und lassen Phasen der sukzessiven Vollendung einer Brücke erkennen. Die erste Komposition, die komplexe Strukturen aufweist, gemahnt an den Bau einer Kathedrale und in diesem Zusammenhang ist man an Bauhütten von romanischen Kirchen und gotischen Kathedralen erinnert. Der damalige sehr organisierte Bauablauf umfasste unterschiedlichste Handwerke von ausserordentlich gut ausgebildeten Fachkräften. Nicht umsonst wurde im Jahr 2020 das Bauhüttenwesen in das Register guter Praxisbespiele der UNESCO eingetragen. Masha Piatrushyna vergleicht den Aufbau eines Lehrgerüsts mit einer persönlichen Brücke zur Realität, die auch den Betrachtenden einige Blickwinkel der Wahrnehmung aufzeigen.
Im Dachgeschoss kreiert Weina Venetz mittels diversen Kameratechniken eine Serie abstrahierter Bilder mit dem Titel «Visuelle Poesie aus einem Walliser Garten». Die Vielfalt an Farben und Formen sprechen für eine reiche Gartenlandschaft. Die zwischen der Natur und dem Kosmos chargierende Bildsprache entwickelt beinahe einen bannenden Sog und führt zu einer sinfonischen Verbundenheit aller Lebewesen, um auf magische Weise Natur zu erleben.
Auch Nell Arn schlägt Brücken zwischen den Welten und überwindet ihre Gefahren. Zum Beispiel wenn sie eine blutrote Sonne mit einem Brückenschlag einfangen will. Die sanften Wellen einer roten, geblümten Decke, gereichen ihr zum Wohlbefinden, während ein blasser Hahn hinter spitzen Bergen immer wieder ihre Ruhe stört. Andernorts ist ein helles, schmuckes, von Bäumen umrandetes Haus dargestellt. Kleine Fenster geben einen Blick auf die weit unten sich dahinziehende römische Brücke und etwas weiter oben verbindet eine gegenläufig angelegte Brücke dieses Haus mit einer Mauer.
Das eine Ganzheit verkörpernde Ei begleitet uns beim Treppenabgang zum Ausgang.